Coolout Prävention

Stärkung zwischenmenschlicher Beziehungen contra „Coolout“

 

Der Pflegealltag in vielen Pflegeeinrichtungen hinterlässt gravierende Spuren beim Personal wie auch bei den Pflegebedürftigen. In den meisten deutschen Einrichtungen kann der normative pflegefachliche Anspruch der Patientenorientierung im Rahmen der gegenwärtigen Strukturen und angesichts massiven Personalmangels nicht mehr erfüllt werden. Dies wiederum wirkt sich massiv auf die Beziehungsgestaltung zu Patienten und Bewohnern, aber auch innerhalb des Teams aus.

Erkenntnisse aus der Hirnforschung zeigen, dass die Gewöhnung an negative Verhaltensweisen dazu führen kann, Strategien zu entwickeln, die es ermöglichen, sich unempfindlich zu machen und alltägliche Normverletzungen hinzunehmen, um die eigene Handlungsfähigkeit zu wahren. Dieses Phänomen wird auch als „Coolout" bezeichnet.

Coolout in der Pflege beschreibt und erklärt den „Prozess einer moralischen Desensibilisierung“: „Zentrales Thema [...] ist der unauflösbare Widerspruch zwischen Pflege, wie sie gemäß Krankenpflegegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung sein soll und der an ökonomischen Zwängen ausgerichteten Wirklichkeit in der Praxis. Die Pflege soll nach dem pflegefachlichen Anspruch patientenorientiert sein: Pflegende sollen sich laut Krankenpflegegesetz im Sinne einer ‚guten‘ und ‚richtigen‘ Pflege am individuellen Patienten und seinen Bedürfnissen orientieren.

Zugleich findet Pflege statt unter Bedingungen, die dies nicht zulassen. In dem Spannungsfeld zwischen normativem pflegefachlichen Anspruch [Stichwort Patientenorientierung) und ökonomischen Zwängen des Pflegealltags kommt es zu einem Prozess der moralischen Desensibilisierung.[3]

An dieser Stelle ist Marte Meo sehr gut geeignet, die Wirkung positiver Verhaltensmuster aufzuzeigen und zu verdeutlichen, welche Bedeutung diese für die emotionale Gesundheit haben – und zwar sowohl aufseiten derer, die Hilfe benötigen, als auch aufseiten der Pflegekräfte beziehungsweise pflegenden Angehörigen. Die Erfahrung zeigt, dass die Beratung beziehungsweise Schulung nach Marte Meo den Betroffenen hilft, sich anhand der verwendeten Videobilder ihrer persönlichen kommunikativen Fähigkeiten bewusst zu werden. Sie erfahren am eigenen Beispiel, wie positive Interaktionselemente die Zugehörigkeit und Selbständigkeit hilfebedürftiger Menschen stärken, und sie lernen, wie sie dies aus eigener Kraft erreichen können, ohne dass es sie zusätzliche Kraft kostet.

[3] Kersting, K. (2013): ‚Coolout‘ in der Pflege. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung. 3. Aufl. Mabuse-Verlag, Frankfurt, S. 53 (3. Aufl. von Kersting, K. (2002): Berufsbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung im Pflegealltag. Huber, Bern, Göttingen)